Interview mit Joe Black: Wie der Amerikaner in Döbeln neu startete

Joseph D. Black wächst in Washington D.C. auf, studiert Business Administration an der University of Maryland und später Music Business bei den Omega Recording Studios in Rockville, einer Stadt in Maryland. 2005 lernte er seine Frau kennen, die aus Mittelsachsen stammt und zu der Zeit als Au-Pair in seiner Heimat arbeitete. Sie wurden ein Paar und lebten einige Jahre zusammen in seiner Geburtsstadt. Mit dem familiären Zuwachs kommt ihnen aus mehreren Gründen der Gedanke nach einem Umzug nach Deutschland. Im Interview mit Nestbau-Koordinatorin Helen Bauer geht Herr Black auf die Beweggründe ein und erzählt von den Herausforderungen auf dem Weg nach Mittelsachsen. Er schätzt ganz besondere Dinge in der neuen Heimat und gibt Ratschläge zur Integration.

Herr Black, Ihre Frau meldete sich erstmalig im Dezember 2016 bei der Nestbau-Zentrale. In welcher Situation befanden Sie sich damals?

Wir zwei lebten seit einigen Jahren gemeinsam in Washington D.C. Ich bin Amerikaner und wurde dort geboren. Meine Frau, gebürtige Mittelsächsin, lernte ich während ihrer Zeit als Au-Pair kennen. Im März 2016 bekamen wir unsere kleine Tochter und dadurch wurde uns bewusst, dass wir perspektivisch lieber in der deutschen Heimat meiner Frau leben möchten.

Welche Gründe sprachen für einen Umzug?

Es bot sich an, in das Mehrfamilienhaus ihrer Familie ziehen zu können. In den USA wäre für ein Haus ein größerer Kredit erforderlich gewesen. Die familiären und finanziellen Aussichten bewegten uns deshalb dazu, unseren Lebensmittelpunkt nach Mittelsachsen zu verlagern. Außerdem funktioniert für uns in Deutschland das Gesundheitswesen wesentlich besser, das gilt unserer Meinung nach auch für das Kita- und Schulsystem. Aber wir hatten doch auch einige ungeklärte Fachfragen und suchten dafür durch den Hinweis von Bekannten die Hilfe von der Nestbau-Zentrale.

Mit welchen Fragen richteten Sie sich an die Servicestelle?

Wir hatten ganz unterschiedliche Fragen. Die Jobsuche für mich war wichtig, denn in dem bisherigen amerikanischen Unternehmen konnte ich von Deutschland aus nicht weiterarbeiten. Meine Frau war nach der Zeit als Au-Pair bei einem amerikanischen weltweit agierenden Unternehmen angestellt. Deshalb fand der Jobwechsel für sie nur innerhalb ihres Unternehmens statt und sie musste nicht auf Jobsuche gehen.

Auch Themen rund um die Familie interessierten uns, zum Beispiel der Weg zur Beantragung von Kindergeld.

Wie wir unseren amerikanischen Führerschein in Deutschland umtauschen können und wie das mit meinem Aufenthaltstitel als Amerikaner abläuft, war für uns auch offen.

Wie sah die Unterstützung konkret aus?

Da wir zum damaligen Zeitpunkt noch in den USA lebten und dadurch eine große Zeitverschiebung gegenüber Deutschland hatten, pflegten wir stets Mailkontakt und erhielten konkrete Antworten auf unsere Fragen sowie Stellenangebote und Bewerbungstipps für mich. Die Nestbau-Zentrale klärte die Themen mit ihren Netzwerkpartnern und spielte uns die Informationen gesammelt zu.

Dafür sind wir unserer Familie und der Nestbau-Zentrale auch heute noch sehr dankbar. 2016 war es für uns eine große Erleichterung diese Unterstützung zu wissen, denn unser Umzugszeitpunkt stand fest: Im Mai 2017 wollten wir in unser neues Zuhause einziehen und bis dahin mussten noch viele Themen geklärt werden.

Wie fanden Sie sich als Einwanderer in unserem Landkreis zurecht?

Mein Vorteil war, dass ich bereits 2008-2014 mit meiner Frau ein paar Jahre in Frankfurt am Main lebte. Während der Zeit nahm ich an Sprachkursen bis zum Niveau B2 teil. Auch durch meine Arbeit im Marketing und Vertrieb damals musste ich viel Deutsch sprechen und schreiben, was mir sehr half. Die Sprachkenntnisse stets auszubauen ist aus meiner Sicht enorm wichtig. Um mich an die Kultur hier zu gewöhnen, unternahm ich viel mit Leuten von hier. Und ich war und bin offen dafür, neue Lebensweisen zu adaptieren. Um sich in eine neue Region einzuleben, sind diese Eigenschaften hilfreich.

Konnten Sie sich beruflich integrieren?

Zunächst halfen mir Probetage bei regionalen Firmen dabei, in die mittelsächsische Jobwelt einzutauchen. Für mich war es aber nicht einfach, einen regionalen Job in Anstellung zu finden. Ich erhielt mehrfach in Bewerbungsgesprächen eine Zusage – und hörte dann nie wieder etwas davon.  Ich entschied mich daher zu Beginn unserer Zeit in Mittelsachsen dafür als Freelancer tätig zu sein. Ich arbeitete also freiberuflich und nahm verschiedene Aufträge von Kunden an, auch aus den USA. Denn im Bereich Retail & Marketing kann man sehr gut remote arbeiten, also von überall auf der Welt aus.

Wie kam es zur Gründung Ihres eigenen Unternehmens?

Im Leben geht es darum, das zu tun, was uns glücklich macht und woran wir glauben. Da es mit einer Anstellung nicht klappen wollte, ging ich das Risiko ein und gründete mein eigenes Unternehmen – Joe Black Marketing Solutions. Mit meinem Unternehmen unterstütze ich meine Kunden im Bereich des Onlinemarketings oder baue ihnen Onlineshops auf und begleite sie im Bereich des Vertriebes. Übrigens profitiere ich auch hier vom Service der Nestbau-Zentrale. Darüber bekam ich Informationen beispielsweise zu Unternehmerworkshops der IHK Chemnitz oder zu regionalen Austauschtreffen mit anderen Zugezogenen. Dort habe ich zuletzt sogar neue Kundenkontakte geknüpft.

Wie sieht Ihr Leben heute in Mittelsachsen aus?

Meine Frau hat einen Job in der Region, unsere Tochter geht hier zur Schule und ich habe ein Büro in Döbeln. Ein Praktikant hat bereits bei mir gearbeitet, was mich sehr stolz macht. Wir können sagen, dass wir sehr gut angekommen sind.

Was schätzen Sie besonders an Ihrer neuen Heimat?

Was mir im Unterschied zu Großstädten auffällt ist, dass die Leute im ländlichen Raum freundlicher sind. Wenn ich hier zum Arzt gehe, nimmt der sich Zeit für mich. Ich fühle mich damit wohler und kann eher eine Verbindung zu den Menschen aufbauen. Das gleiche Gefühl haben wir auch bei der Grundschule unserer Tochter, worüber wir sehr froh sind.

Was empfehlen Sie anderen Menschen, die zuziehen möchten?

Versuchen Sie sich an die Kultur anzupassen und offen für Neues zu sein. Bleiben Sie sich dabei aber immer selbst und Ihrem Charakter treu und verlieren Sie Ihre ursprüngliche Herkunft nicht aus den Augen. Lassen Sie sich nicht durch Dinge aus der Fassung bringen, die außerhalb Ihrer Kontrolle liegen. Und die Nestbau-Zentrale kann Ihnen mit zahlreichen Ressourcen dabei helfen, Ihren Traum von der Gründung eines eigenen Unternehmens Wirklichkeit werden zu lassen.

Haben Sie auch heute noch Kontakt zur Nestbau-Zentrale?

Ja, sehr oft sogar! Nach dem Umzug hatte ich über die Jahre immer mal wieder Themen, bei denen mir geholfen wurde. Auch heute erhalte ich wertvolle Veranstaltungstipps oder Seminarangebote. Als Freiberufler nehme ich gern an Netzwerkveranstaltungen und Weiterbildungsangeboten für Unternehmen teil und kann mich dadurch weiterentwickeln und tolle Menschen kennenlernen!

Danke für das Interview, Herr Black!

Text: Helen Bauer, Bilder: Miriam Uhlig