Treppenbau Göhler

Warum äußerlicher Druck manchmal gut ist, um sich weiterzuentwickeln

Visionen sind eine feine Sache - umgesetzte Visionen besonders wertvoll. Gedankenspiele um eine gesunde, eine innovative Zukunft seines Unternehmens und der Handwerksbranche denkt Jan Göhler zahlreiche. Ein Gros davon setzt er bereits um: moderne Kommunikationsstrategien und stärkerer Außenauftritt, verstetigte Mitarbeiterwertschätzung, umfassenderes Netzwerken, klarere Positionierung zu Nachhaltigkeit und regionaler Produktion. Auf der unternehmenseigenen Internetseite erklärt der Familienvater und Teamplayer: „Ich mag den Umgang mit Menschen genauso wie das Planen und Bauen individueller Treppen.“ Für den Geschäftsführer der GÖHLERTREPPEN GmbH mit Sitz im Frauensteiner Ortsteil Burkersdorf wäre es eine besonders feine Sache, „käme ein Kunde zu uns und sagt: Um diese Buche bin ich als Junge herumgetollt. Jetzt soll sie meine neue Treppe werden.“ Vielleicht das geeignetste Holz für Treppenstufen für die Ewigkeit.

Jan Göhler im roten Sweater, nah dran an den Firmenfarben, hat Kaffee gemacht. Mit einer ziemlich stylischen Filterapparatur, für einen besonderen, ökologisch angebauten und fair gehandelten Kaffee. Duftend wie leichtherbe Schokolade, geschmacklich ein Genuss. Das Kaffeegeschirr ist rot, wie die Sitzmöbel im Treppenstudio. Normalerweise der erste Empfangsbereich für Kunden. Jan Göhler stellt die Tasse ab, betont: „Handgebrüht.“ Handgemacht. Handwerk. Darauf legt der Treppenbaumeister wert und denkt nicht nur in Treppen, sondern in Räumen. Innovativ und regional. Interessenten von Göhler-Treppen fahren im Durchschnitt 30 Kilometer. „Die ländliche Region ist der Raum, aus dem unsere Kundschaft kommt. Alles andere macht wenig Sinn“, betont Jan Göhler, der möchte, „dass meine Mitarbeiter ihr Abendbrot im Kreis der Familie einnehmen“. Montagearbeiten gibt es beim 1991 als Familienunternehmen begründeten Treppenbauer nicht. Aktuell sind 12 Mitarbeiter beschäftigt. Das Unternehmen spezialisierte sich auf das Herstellen von Treppensystemen - jährlich 180 Treppen in handwerklicher Qualität. Aus der Werkstatt von nebenan.

Eine kleine Tür trennt den Schauraum von der Produktion. Hinter der Schwelle ist man sofort Teil des Prozesses. Alles riecht nach Holz, nach Leimen, Lacken, nach Technik und Handwerk. Kein Zweifel: hier wird produziert. Ein authentisches Erleben. Davor das Studio als Präsentationsfläche. „Ich glaubte, hier etwas Besonderes hinstellen zu müssen. Die Leute kommen zu uns raus auf's Land und sehen ein Ufo – das Unerwartbare. Moderne und Tradition dürfen Hand in Hand gehen.“ Göhlers Bauwillige sind in der Regel junge Leute, die aufs Land gezogen sind oder bereits hier leben. Sie sanieren einen alten Bahnhof, ein Lagergebäude oder bauen eine Scheune um. Als wiederkehrendes Thema. Das Credo sei, dafür fachlich bestens zu beraten. Im menschlichen Diskurs anstatt trockener Internetberatung. Es gehe darum, Vertrauen und Bindung aufzubauen; diese zu halten. „Ideal wäre es, gestalterische Möglichkeiten mit dem Kunden zu besprechen. Wir unterbreiten Vorschläge und schauen, ob und wie Kundenwünsche handwerklich umsetzbar sind. Beide Seiten zufrieden? Prima!“
Der Ansatz, Menschen arbeiten gemeinsam an einem Projekt, funktioniere: „Unsere Kunden fühlen sich angesprochen und mit im Boot. Das zeigt sich bei uns auch im ‚Du‘ als Umgangsform.“

Gut gelaufen sei der Ausbau in den vergangenen Jahren: „Wir erlebten die Situation eher als Aufschwung und offenbar geht es so weiter.“ Die Stimmung sei positiver, als es vielfach transportiert werde, meint der Handwerksmeister. Obwohl es in anderen Sparten schlechter aussähe, bleibt man in Burkersdorf grundsätzlich positiv eingestellt und plant weiter für die Zukunft. In Sachen Wettbewerb und Weiterentwicklung „wäre es gut, wenn man unter Druck gerät, um sich weiterzuentwickeln.“ So ist auch die Kampagne „Holz von hier“ toll und notwendig. Meist wird Eiche oder Esche verarbeitet, grundsätzlich auf einheimische Hölzer gesetzt. Es darf auch mal Kirsche oder Nussbaum sein. Kundenentscheidungen fallen oft aus optischen Gründen. Allerdings lassen sich aufgrund des Klimawandels bestimmte Hölzer schlechter verwerten. Es kommt zu Farbfehlern, Rissen und Spannungen. Dann weiche man auf andere Verarbeitungen aus – mit dem Nachteil der Industrielastigkeit: „Zugunsten teilweiser, ästhetischer Weiterentwicklungen. Wir müssen nicht wie die letzten Tausend Jahre weitermachen, sondern sollten flexibel reagieren und offenbleiben.“

Und Jan Göhler reagierte flexibel: „Seit drei Jahren passen wir uns den Gegebenheiten verstärkt an. “ Bezogen auch auf die Mitarbeiterbindung und den Nachwuchs. Um seine Fachkräfte zu sichern, investiert der Geschäftsführer in die eigenen Mitarbeiter und in die Betriebstechnik: „Manchmal ist Ignorieren eine gute Waffe oder aber ich stelle mich den Herausforderungen. Ich bin jemand, der angetreten ist, etwas Bleibendes zu schaffen.“ Aller zwei Jahre wird im Unternehmen je ein Auszubildender von einem Altgesellen und einer Meisterin fit gemacht. Den Vorteil der ländlichen Struktur nutzend: „Wir rekrutieren aus einem bestimmten Bekanntheitsgrad heraus. Die Lehrlinge kommen von hier und werden in der Region gehalten.“ Inserate finden sich auf entsprechenden Portalen, vorrangig geht es aber um die eigene Präsenz auf Ausbildungsmessen: „Beim Probearbeiten schauen wir dann einfach, ob es auf beiden Seiten passt.“ Für die Azubifrage hat Unternehmer Göhler eine Lösung. Auch die allgemeinen Schwierigkeiten am Markt stellen sich für ihn weniger gravierend dar als anderswo: „Wir haben ganz großes Glück. Beschaffungsprobleme bezüglich Materials kennen wir so nicht und auch kaum Hürden bei der Energieversorgung. Obwohl die Preise spürbar steigen.“ Jan Göhler installierte vor rund vier Jahren eine Photovoltaikanlage nebst Holzheizung. Durch das Verwenden eigener Holz-Abfälle erreiche man eine fast 70-prozentige Energieautarkie bei Strom und Heizenergie. Herausforderungen sind für den Treppenbauer eher „kalkulierbare Preise und eine grundsätzliche Verlässlichkeit: „Angebote schreiben wir ein halbes Jahr im Vorlauf. Keiner weiß, was dann ist. Wir möchten die Preise halten und da Ruhe reinbekommen.“
 

Strategie für die Zukunft

„Wir geben auch persönlich Gas. Machen mehr Marketing, arbeiten perspektivisch mit einem Podcaster und wollen Online-Beratung anbieten“, unterstreicht Jan Göhler. Dazu gehören natürlich auch die Pflege der eigenen Internetseite und die Präsenz in den Sozialen Medien. Man wolle auf Trends vorbereitet sein. Sorgen machen ihm eher die Nachfolgeregelung und der Untergang von Unternehmen im ländlichen Raum: „Ich erlebe derzeit, wie Firmen im Nichts verschwinden. Alle Bemühungen, Nachfolger zu finden und den Betrieb zu retten, scheitern.“ Eine Strategie gegen das Unternehmenssterben sieht der Geschäftsmann im umfangreichen, Branchen übergreifenden Netzwerken: „Beim Bilden von Netzwerken gibt es großen Bedarf. Wir müssen zusammen gemeinsam agieren und das beinhaltet sehr viel.  Die Herausforderung besteht darin, Positives mitzutragen und an der Kante des Aufgebens das Ruder herumzureißen. Oft auch über eigene Befindlichkeiten hinaus.“ Zum Beispiel „GOETHE 64“. Das in Kassel angesiedelte Netzwerk umfasst vierzehn erstklassige Unternehmer und Unternehmerinnen, die in ihrer fachlichen Kompetenz genauso harmonieren wie in ihrer ganzheitlichen Firmenphilosophie. Jan Göhler ist einer von ihnen.

Am Ende des Interviews kommt philosophische Stimmung auf. „An welchen Werten halten wir fest? Sind wir auf dem richtigen Weg oder lassen wir uns von der Hauptrichtung ablenken“, fragt Jan Göhler und liefert die Antworten gleich mit: „Rückblickend dürfen wir stolz auf das eigene Unternehmen blicken. Schauen, was geschafft wurde und daraus ableiten, wie es zukünftig weitergehen soll, was zu tun ist. Verabschiedet man sich oder ist es die Sache wert, fortgeführt zu werden? Das ist die essentielle Frage und unsere Verantwortung.“
 

Text & Bilder: M&M | Maikirschen & Marketing